Island – der Westen

Wir hatten es ja nicht eilig Island zu erkunden. Deswegen bereisten wir die Westfjorden, eine ruhige abgelegene Gegend mit dramatischen Landschaften, weit ab von den touristischen Hauptströmen. Die zentral liegenden Berge auf den Halbinseln sind hoch und steil, und waren auch noch Schneebedeckt. Ganz im Norden lagen vereinzelt Schneereste fast bis auf Meereshöhe. Es führen nur sehr wenige Wege hinüber. Die Hauptverbindungen verlaufen meistens entlang der Küste, immer hinein in den tiefen Fjord und wieder hinaus zur Spitze der Halbinsel. Einige der wenigen Passstraßen waren zu unserer Reisezeit im Juni winterbedingt gesperrt. Deshalb waren die Entfernungen entsprechend weit.

Der Osten und Norden der Westfjorden ist kaum besiedelt. Es gibt nur wenige sehr kleine Ortschaften. Die gesamte nördlichste Halbinsel, Hornstrandir, ist ein Nationalpark, und nur sehr beschwerlich zu Fuß oder mit dem Boot zu erreichen. Zu entlegenen Regionen waren die Straßen nicht geteert, und teilweise sehr rau, eine Strapaze für Mensch und Maschine.

Warme Geothermalquellen gibt es in Island viele. Und dort wo sie sind, konnten wir ein gemütliches Bad in einem der vielen Hot Pots oder in einem der wunderschön warmen Schwimmbäder genießen.

Die Natur hat sehr viel zu bieten. Unterwegs in den Westfjorden sahen wir gelegentlich Robben. Ganz neugierig waren sie manchmal, und schwammen ziemlich nah ans Ufer, um uns zu beobachten.

Viele der kleinen Ortschaften sind abgelegen, aber meistens sehr gepflegt, einfach und traditionell. Da seit ein paar Jahren in Island Wild Campen verboten ist, gibt es in fast jeder kleinen Ortschaft einen einfachen Campingplatz, auf dem wir übernachten konnten.

Zahlreiche Wasserfälle gibt es auch hier. Wir fanden die Dynjandi Wasserfälle beeindruckend. Über mehrere Terrassenstufen verbreiten sich die Fälle, was aus der Entfernung sehr eindrucksvoll aussieht, und sicherlich zu deren Besonderheit beiträgt.

Bedingt durch die tiefen Fjorde ist in den Westfjorden das Meer nie weiter als 50 km entfernt. Jeder Aufstieg bietet bei gutem Wetter eine fantastische Sicht über die Berge und das Meer.

Unzählige Vögel sahen wir in Island. Viele nisteten zu unserer Reisezeit an den steilen Klippen und hohen Felswänden. Und wehe wir waren zu Fuß unterwegs! So manch einer verteidigte sein Revier durch energisches Gepiepse. Akrobatisch durch die Luft fliegend, stürzten sie sich sogar aktiv abwehrend auf uns oder unser „Hausi“, um uns zu vertreiben.

Wie ganz Island, ist der nördliche Teil der Westfjorden auch aus vulkanischem Ursprung. Angeblich ist er der älteste Teil von Island. Viele Buchten hier haben durch die Zerkleinerung der Muscheln bereits weiße Sandstrände, ein Kontrast zu den Buchten in anderen Teilen mit Stränden aus schwarzem Lava Sand.

Wir hatten viel Zeit. Somit nahmen wir nicht die Fähre von Brjánslækur, im Süden der Westfjorden, zum kleinen Hafenstädtchen Stykkishólmur, auf den Hauptteil der Insel, sondern fuhren außenherum entlang der Küste über Búðardalur. Der auf einer Halbinsel liegende kleine Fischerort, Stykkishólmur, war geschäftig und schon mehr touristisch geprägt.

Quer durch Lavafelder und Vulkanlandschaften, sowie durch kleine Fischerdörfer, ging es weiter zum Snæfellsjökull-Nationalpark, auf der Westseite Islands. Der 1446 m hohe imposante schneebedeckte Vulkan Snæfellsjökull war bereits bei guten Wetter von Weitem aus zu sehen. Im Park selber fuhren wir vorbei an anderen kleineren erloschenen Vulkanen und durch uralte und jüngere raue Lavafelder. Nur wage konnten wir uns vorstellen, mit welcher Kraft die Natur vor vielen Jahren diese Landschaft geformt und verändert hat.

Das Wetter war oft wechselhaft. Zur Überbrückung einer Schlechtwetterphase verbrachten wir manchmal den Tag im örtlichen Schwimmbad, welches immer für ein warmes Wohlbefinden sorgte.

Von Akranes aus ging es ins Landesinnere. Bei Húsafell besichtigten wir die Wasserfälle Barnafoss & Hraunfossar. Und ab hier fuhren wir über abgelegene Schotterpisten durch das Lavafeld Hallmundarhraun, vorbei am Gletscher Langjökull, und weiter durch das Lavagebiet Kaldidalur, bis zum südlich liegenden Nationalpark Þingvellir. Mehrere Spalten in der Erdkruste zeigen, wie sich die Europäische Erdplatte von der Amerikanischen Erdplatte auseinander bewegt, ein imposantes Bild, nicht nur für uns. Hier trafen wir erstmals wieder auf Touristenströme, welche sich ab Juli so allmählig für die Hauptreisezeit im Sommer ankündigten.

Am 01.07.2022, nach einem Monat in Island, erreichten wir die Hauptstadt, Reykjavík. Hier leben mehr als 150.000 Einwohner, fast die Hälfte der Bevölkerung Islands. Es ist eine lebendige Stadt, und bietet einige Sehenswürdigkeiten, ein schönes Zentrum, mit einem hübschen Altstadtteil, aber auch vielen moderne Gebäude, Museen, Galerien, und Kunsthäuser. Wir genossen die Abwechselung dieser Stadt von der Ruhe in der Natur der letzten Wochen. Seit langem sahen wir mal wieder viele Menschen beisammen, mehr Verkehr auf den Straßen, und genossen die Kneipen mit Live-Musik. Auch konnten wir hier die notwendigen Besorgungen machen, sowie unsere Weiterreise von Island nach Kanada besser planen. Wir blieben fast eine Woche.

Für die Weiterreise nach Kanada nahmen wir mit verschiedenen Reedereien Kontakt auf. Was wäre besser? Eine direkte Verschiffung per Container von Island aus, oder der Rückweg mit der Fähre nach Dänemark und eine Verschiffung per Autofähre vom Festland Europas? Wir entschieden, dass „Hausi“ am 23.08.2022 per Container von Reykjavík nach Halifax verschifft werden sollte. Somit verblieben uns noch einige Wochen Zeit Island weiter zu erkunden. Bis dahin ging unsere Fahrt weiter in den Süden Islands, um die Umrundung der Insel abzuschließen. Zum Termin der Verschiffung nach Nordamerika planten wir dann quer durch das Inland nach Reykjavík zurückzufahren.