Postschiffreise entlang Norwegens Küste

Am 28.12.2020 feierten wir unseren 30-jährigen Hochzeitstag. Die 12-Tägige Postschiffreise entlang der Küste Norwegens von Bergen nach Kirkenes und zurück hatten wir uns gemeinsam geschenkt. Unsere Wahl viel auf die Gesellschaft Havila, welche ab 2021 ein Teil der Konzession des Norwegischen Staates für diese Route von der Hurtigruten übernehmen soll. Hierfür werden 4 neue sehr umweltfreundliche Schiffe gebaut. Zwei davon waren bereits in die Tersan-Werft in der Türkei im Bau.

Unsere ursprüngliche Buchung hätte im August 2021 mit dem Schiff MS Havila Capella in Bergen starten sollen. Auf Grund der Corona Pandemie hatte sich dann aber die Fertigstellung und Inbetriebnahme des Schiffes um ein Jahr verzögert, und unsere Reise wurde zwei mal verschoben. Schlussendlich ging unser Schiff im Dezember 2021 in den Linienbetrieb. Wir hatten unsere Reise mit Start am 23.04.2022 umgebucht, um sie auf den Weg nach Island sozusagen noch wahrnehmen zu können.

Nachdam wir in Bergen ankamen, erhielten wir zwei Tage vor Abreise die Nachricht, dass unsere Reise mit der MS Havila Capella storniert werden muss, da dessen Finanzierung nicht mehr gesichert war. Diese lief über eine Firma in Hong Kong unter Beteiligung der großen Russischen Investmentfirma GTLK. Mit dem Anfang April angeordneten Sanktionspaket der EU gegen Russland, welches auch Norwegen umsetzte, war Havila gezwungen worden einen neuen Investor zu suchen. Die MS Havila Capella war somit in Bergen festgesetzt.

MS Havila Capella, saß in Bergen fest

Somit suchten wir schnell nach die einzig mögliche Alternative – noch kurzfristig einen Platz auf eines der Schiffe der Hurtigruten zu bekommen. Wir hatten Glück – die MS Kong Harald, die einen Tag nach unserer geplanten Abfahrt am 24.04.2022 startete, hatte noch eine Außenkabine frei. Diese war sogar eine etwas geräumigere Barrierefreie Kabine, und war angeblich die letzte verfügbare Außenkabine auf diesem Schiff. Wir waren natürlich sehr erleichtert, unsere Postschiffreise doch noch zeitnah erleben zu dürfen.

MS Kong Harald der Hurtigruten, unser Zuhause für die 12 Tage

Am 24.04.2022 gingen wir in Bergen an Bord der MS Kong Harald, mit unserem Rucksack voll gepackt mit warmen Klamotten, sowie 2 Flaschen Rotwein, welchen wir noch aus Deutschland mitgebracht hatten. In Norwegen ist Alkohol sehr teuer. Unser „Hausi“ konnten wir für die 12 Tage sicher auf einem Langzeitparkplatz am Flughafen Bergen unterbringen.

Bei schönstem Sonnenschein und pünktlich um 20:30 Uhr hieß es „Leinen los“. Bei schönster Abendstimmung verließen wir die herrliche Stadt Bergen, und machten uns auf dem Wege in den Norden, entlang der schönen Küste Norwegens, von Bergen 2.700 km bis Kirkenes hin und dann auch den gesamten Weg wieder zurück.

Es sind 34 Häfen, welche die 11 Postschiffe entlang der Route von Bergen bis Kirkenes anfahren. Dieses geschieht natürlich Tag und Nacht. An manchen Häfen wird nur kurz halt gemacht, um ein wenig Fracht, oft frischen Fisch, ein bzw. ausgeladen. Auch einige Norweger nutzen diese Schiffsverbindung um schneller von einem Küstenort zum nächsten zu reisen, manche nehmen ihr Auto mit. Die Postschiffe waren besonders im Winter schon immer eine sehr wichtige Verkehrsverbindung im Norden Norwegens – dieses ist es auch heute noch. Post ist schon lange nicht mehr Teil der Fracht der Postschiffe. Die Einfahrt in die manchmal auch sehr kleinen Häfen und das Treiben am Kai war interessant zu beobachten.

Routenplan der Hurtigruten

Bei längerem Aufenthalt war es möglich die jeweilige Stadt zu besuchen, oder auch eines der vielen Touren der Hurtigruten zu buchen und daran teilzunehmen. Gleich am zweiten Tag war ein mehrstündiger Aufenthalt in Ålesund eingeplant. Wir nutzten die Zeit, schlenderten durch das Zentrum, bekannt für seine vielen Barockgebäude, und stiegen die mehr als 400 Treppen auf den Hausberg Aksla hoch.

Ålesund, fotografiert vom Hausberg Aksla

Danach war die erste Überseefahrt dran. Eli kämpfte ein wenig mit Seekrankheit. Meistens fährt das Schiff sehr ruhig zwischen den vielen Inseln und Fjorden in geschützten Gewässern. Aber einige Passagen auf offener See mussten auch gemeistert werden. Je nach Wind und Wetter, und besonders im Norden, kann es dann schon mal schaukeln.

Am darauf folgenden Tag war es möglich die Stadt Trondheim zu besichtigen. Es war bereits merklich kälter geworden. Aber die wichtigsten Sehenswürdigkeiten, wie die Kathedrale, die Holzbrücke – auf der angeblich die Liebe nach einem Kuss mit dem Partner für die Ewigkeit hält -, sowie das Hafenviertel, mit den vielen Speicherhäuser aus Holz, oder die Altstadt, ließen wir uns nicht nehmen.

Speicherhäuser in Trondheim
Holzbrücke in Trondheim

Zu Essen gab es reichlich, mit eine Auswahl verschiedener Gerichte aus der norwegischen Küche. Sehr oft wurde frischer Fisch aufgedeckt, manchmal aber auch Lamm oder sogar Fleisch vom Rentier. Es hat immer sehr gut geschmeckt. Und der Service war ebenfalls perfekt. Täglich wurden für die Reisende sehr interessante Vorträge angeboten, um Informationen zum aktuellen Reisestatus zu übermitteln, und Sehenswürdigkeiten zu erläutern, oder auch die Traditionen oder Geschichte Norwegens zu präsentieren. Der Expeditionsleiter hat dieses immer sehr professionell rübergebracht, so dass man ungerne einen Vortrag verpassen wollte.

Die Reise entlang der Küste war ein Augenschmaus. Da das Schiff selten weit weg vom Land fuhr, kam man den Bergen, viele noch schneebedeckt, den Fjorden und den vielen kleinen Ortschaften sehr nahe. Manchmal passierte das Schiff in Fjorden oder zwischen Inseln sehr enge Stellen, so nah an Felsen, dass man fast von Bord hätte springen können. Wir fuhren durch verschiedene Klimazonen. Im Süden war es bereits Frühling. Überall blühten die Blumen. Die Bäume waren bereits grün. In der Region der Lofoten war es noch kalt und winterlich. Die Bäume waren noch kahl, und Reste von Schnee lagen noch an vielen Stellen. Im Norden herrschte noch tiefster Winter, kein Grün, keine Bäume, nur Eis und Schnee.

Es wurde uns nie langweilig. Man konnte sich einfach nicht satt sehen. Sehr oft verbrachten wir Zeit entweder draußen auf Deck, auch bei eisiger Kälte, um die Landschaft zu genießen und zu fotografieren, oder wir saßen oben in der Explorer Lounge, wo man auch im Warmen einen herrlichen Ausblick auf den wechselnden Landschaften hatte. In unserer Kabine waren wir eigentlich nur zum Schlafen. Das Wetter war wechselhaft, mal sonnig, mal wolkig. Und zwischendurch erlebten wir manchmal ein Schnee- oder Graupelschauer.

Am vierten Tag überquerten wir am frühen Morgen den Polarkreis. Entlang unserer Route wird dieser auf eine kleine Insel durch eine Weltkugel markiert, ein wichtiges Fotomotiv für alle Reisende. Neptun kam an Bord um die Taufe durchzuführen. Und ein Zertifikat gab es auch für dieses besondere Ereignis.

Eine weitere Passage über offenes Meer führte uns hinüber zu den Inseln der Lofoten und Versterålen. Hier besuchten wir den Ort Svolvær und die Stadt Tromsø. Bei einer Temperatur um null Grad schneite es. Die ganze Landschaft war eingehüllt in eine geschlossene Schneedecke. Überall lagen noch große Schneehäufen. Weiter ging die Fahrt zwischen den vielen Inseln und engen Schiffspassagen.

Am Tag sechs waren wir in der Stadt Honningsvåg am Nordkap angekommen. Sie nennt sich „die nördlichste Stadt der Welt“, und mit ein wenig über den 71° Nord für uns auch der nördlichste Punkt, an den wir an Land gingen. Wegen Sturm musste leider der Ausflug bis zum Nordkap ausfallen. Aber in Honningsvåg konnten wir einen schönen Spaziergang durch den kleinen verschneiten Ort machen. Sogar die Sonne kam dann heraus.

Danach war wieder eine offene Meeresstrecke zu bewältigen. Der Sturm hatte noch nicht ganz nachgelassen. Eli bekämpfte die Seekrankheit mit Tabletten, und war danach ziemlich schläfrig. Die mit viel Schnee bedeckten Berge entlang der Küste passierten an uns langsam vorbei. Ein paar Häfen in sehr kleinen Ortschaften wurden angelaufen, unter anderem auch Mehamn, der nördlichste Hafen auf dem Festland Norwegens. Wir fragten uns oft, wie hier in der Schneewüste die Menschen so leben.

Wir waren nun weit oben im Nordosten Norwegens unterwegs. Die Tage waren zur diese Jahreszeit Anfang Mai bereits sehr lang. Es wurde gar nicht mehr so ganz dunkel, und morgens um 2 Uhr war es bereits hell. Am siebten Tag erreichten wir die eher unspektakuläre Stadt Kirkenes, nur etwa 10 km Luftlinie von der Grenze zu Russland entfernt, wo wir ebenfalls an Land gingen. Es war sehr kalt. Wir erlebten sibirische Bedingungen. Kirkenes war dann für unsere Schiffsreise der Wendepunkt. Von hieraus ging es den ganzen weg von ungefähr 2.700 km zurück nach Bergen.

Auf der Rückreise wurden dieselben Häfen angefahren, wie bei der Hinreise. Einige wurden nun tagsüber angefahren, welche wir bei der Hinfahrt nachts anliefen, so dass auch hier teilweise ein Besuch möglich war. So konnten wir auch Hammerfest in der Nähe des Nordkaps, oder Stokmarknes, Geburtsort der Hurtigruten, besichtigen.

Wir erlebten die Fahrt durch den spektakulären Raftsund, eine sehr enge Schiffspassage zwischen den Inseln der Versterålen und Lofoten, und sahen den Eingang zum engen Trollfjord, wo unser Schiff kurz eine Wende durchführte. In den Lofoten hatten wir nochmals die Gelegenheit uns die schöne Kleinstadt Svolvær anzuschauen – dieses Mal bei Tag.

Der Polarkreis wurde nochmals überquert, mit eine entsprechenden Zeremonie und einem Löffel Lebertran, ein Fischöl reichlich an Omega 3. Es wurde merklich wärmer. Auf Meereshöhe und zwischen den schneebedeckten Bergen waren wieder Bäume zu sehen. Die noch schneebedeckte Bergkette Sieben Schwestern war Großteils in Wolken verhüllt. An deren Südflanke klärte es dann doch wieder auf. Nun waren die niedrigen Berge wieder schneefrei. In Brønnøysund gingen wir kurz an Land. Danach kam gleich die spektakuläre Fahrt im engen Kanal zwischen Felsinseln, und am Berg Torghatten, mit seinem Loch, vorbei. Die Eindrücke entlang der Küste waren überwältigend, die Landschaft zu schön, es wurden viel zu viele Fotos geschossen, und das Wetter spielte dann auch mit. Man konnte aber in den Bildern gar nicht die wunderschönen Eindrücke der Landschaft einfangen.

die scheuen Sieben Schwestern

Am vorletzten Tag konnte ich morgens früh nochmals Trondheim besuchen, und bei Sonnenschein durch die Stadt schlendern, sowie hoch zur Festung mit schönem Blick aufs Zentrum laufen.

Und am Tag 12 ging die Reise mit der MS Kong Harald zu ende. Ein wunderschöner Abschnitt führte zwischen den vielen vorgelagerten Inseln vor Bergen, vorbei am Eingang des Sognefjords, welcher mit 200 km ins Inland führt, und der längste Fjord Norwegens ist. Die Sonne kam kurz heraus, ein letztes Mittagessen wurde serviert, und dann lag bereits Bergen vor uns. Nach Ankunft ging es mit der Tram-Bahn zum Flughafen. Auf unser „Hausi“ hatten wir uns schon gefreut. Er stand noch ohne Blessuren am Parkplatz P8.

Diese 12 Tage waren tatsächlich ein herrliches Erlebnis – sicherlich die schönste Seereise der Welt.